NEWSLETTER  04/2007


FOLGEN DER UNZULÄSSIGKEITSERKLÄRUNG VON KLAUSELN IN VERTRAGSMUSTERN SEITENS DES UNTERNEHMERS

 

Beim Vertragsabschlüssen im sog. Verbraucherverkehr verwenden sowohl Verbraucher als auch Unternehmer Vertragsmuster. Für beide sind Urteile des Verbraucherschutzgerichtes Hinweise darauf, welche Vertragsklauseln in Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern nicht angewendet werden können. Eine Liste dieser missbräuchlichen Klauseln findet sich unter www.uokik.gov.pl.

 

Bestimmungen in Vertragsmuster, wie sie von Unternehmern verwendet werden, unterliegen einer gerichtlichen Begutachtung, die das Verbraucherschutzgericht [Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów] in einem Verfahren, in dem das Muster für unzulässig erklärt wird, durchführt. Dieses Verfahren ist eine abstrakte Normenprüfung, d.h. eine solche, die unabhängig von einem konkreten - auf einem Muster basierenden - Vertrag durchgeführt wird. Deswegen wird das Verfahren im Interesse des Verbraucherschutzes (im öffentlichem Interesse) durchgeführt. Jeder potentielle Unternehmerkontrahent kann Antragsteller sein. Soziale Organisationen, bei denen Verbraucherschutz zu den statutarischen Aufgaben zählen, der Verbraucherschutzbeauftragte [rzecznik konsumentów] sowie der Leiter des polnischen Kartellamtes [Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów] sind ebenfalls antragsberechtigt.

 

Folgen des Urteils im sachlichen Anwendungsbereich

 

Wird eine Bestimmung des Vertragsmusters, die mit einem Urteil des Verbraucherschutzgerichts für unzulässig erklärt wurde, in einem Verbrauchervertrag angewandt, so ist sie laut einiger Ausleger der Rechtslehre wirkungslos (die überwiegend vertrete Meinung), bei anderen unstrittig nichtig gemäß Art. 58 kc [polnisches Zivilgesetzbuch]. Beide Auslegungen führen jedoch zum selben Ergebnis, nämlich zum Ausschluss der abusiven Klausel vom Rechtsverkehr.

 

Ein Anwendungsverbot im Falle von Bestimmungen, die seitens des Gerichts für unzulässig erklärt wurden, bedeutet, dass diese Bestimmungen in einem Vertragsmuster seitens des Unternehmers nicht angewandt werden können.

 

Bestimmungen mit identischen Inhalt, wie der für unzulässig erklärten, können jedoch individuell im Rahmen eines mit den Verbrauchern abzuschließenden Vertrages verhandelt werden und sollen anschließend - trotz des Urteils - für den Verbraucher verbindlich gelten. Wesentlich ist, dass die Parteien eines solchen Vertrages an Stelle des Vertragsmusters eine individuell durch gegenseitige Erklärungen ausgearbeitete Norm als Rechtsgrundlage ihrer Beziehungen annehmen.

 

Folgen des Urteils für das Rechtssubjekt

 

Die zivilrechtliche Festlegung der Vertragsmuster bezieht sich auf Bestimmungen jener Verträge, die mit Verbrauchern abgeschlossen werden (d.h. mit natürlichen Personen, die eine Rechtshandlung vollziehen, welche nicht direkt mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten dieser Person in Verbindung steht). Der Gesetzgeber wollte damit ein System der Firmenkontrolle für Muster sowie den Anschluss und die Anwendungsbeschränkung von Vertragsmustern, wie sie vom Verbraucher ohne Kenntnisse des Inhalts unterzeichnet werden, erzielen.

 

Daher sind die Urteile des Verbraucherschutzgerichtes im personellen Anwendungsbereich lediglich auf den Verbraucherschutz ausgerichtet. Wenn das Verbraucherschutzgericht entscheidet, dass Bestimmungen im Vertragsmuster unzulässig sind, dann erstreckt sich dieses Entscheidung nur auf jene Verträge, welche dieser Unternehmer mit Verbrauchern abgeschlossen hat.

 

Deshalb umfasst der Rechtsschutz, der sich aus jenen unzulässigen Klauseln ergibt, die der Unternehmer anwendet, nicht Rechtsverhältnisse des Unternehmers mit anderen Unternehmern. Ein solcher Vertrag wird nämlich zwischen zwei professionellen Subjekten geschlossen, die in gleichem Maße Einfluss auf den Vertragsinhalt haben und sowohl  die Vorteile als auch das Risiko, die sich aus dem abzuschließenden Vertrag für sie ergeben können, einschätzen können.

 

Praktische Folgen des Urteils für die Verfahrensparteien

 

Die Folge für die Verfahrenspartei entsteht mit dem Zeitpunkt der Rechtskräftigkeit, das heißt mit dem Moment des Urteilserlasses des Gerichts in II. Instanz oder mit dem Ablauf der Frist zur Einreichung einer Berufung. Ab diesem Moment hat die Anwendung der in Frage gestellten Klauseln des Vertragsmusters durch den Unternehmer keine Rechtsfolgen.

 

Der Unternehmer muss die unzulässigen Klauseln weglassen, damit das Einreichen von zivilrechtlichen Klagen in Verbindung mit dem Bestehen von unzulässigen Mustern im Vertrag von Verbraucherseite vermieden werden kann und damit einem Bescheid des Leiters des polnischen Kartellamtes zuvorgekommenen werden kann, in dem die jeweilige Praxis als Verstoß gegen das kollektive Verbraucherinteresse bewertet und eine Unterlassung verfügt wird. Sollte der Unternehmer die für unzulässig gesprochenen Bestimmungen in Vertrag weiterhin verwenden, kann der Leiter des Kartellamtes dem Unternehmer per Bescheid eine Geldstrafe im Gegenwert von 500,- bis zu 10.000,- EUR für jeden Tag Verzögerung in Erfüllung des Gerichtsurteiles, gerechnet ab dem im Bescheid bezeichneten Datum, auferlegen.

 

Die Anwendung einer unzulässigen Klausel, die ins Register eingetragen ist, ist überdies ordnungswidrig und unterliegt als solche einer Geldbuße, welche dem Geschäftsführer oder einer zum Abschluss von Verbraucherverträgen bevollmächtigten Person auferlegt wird.

 

Praktische Folgen des Urteils gegenüber Dritten

 

Für Urteile des Verbraucherschutzgerichtes, die Vertragsmusterbestimmungen für unzulässig erklären, ist die sog. erweiterte Rechtskraft kennzeichnend, d.h. die Urteilswirksamkeit auch Dritten gegenüber, die an dem Verfahren nicht teilnehmen. Folgen einer solchen erweiterten Urteilswirksamkeit gelten ab dem Moment der Registereintragung (jener für unzulässig erklärten Vertragsmusterbestimmung) und nicht - wie im Falle der Folgen für die Verfahrensparteien - ab dem Moment der Rechtskräftigkeit des Urteils.

 

Der Register der für unzulässig erklärten Vertragsmuster wird vom Kartellamt geführt. Eingetragen werden nur jene rechtskräftigen Entscheidungen, die dem Kartellamt vom Verbraucherschutzgericht bekannt gegeben werden.

 

Dass eine Klausel für unzulässig erklärt wurde, können Dritte aus dem o.g. Register entnehmen. Dieses wird auf den Internetseiten des Kartellamtes zur Verfügung gestellt.

 

Die Eintragung einer Bestimmung ins Register befreit die öffentlichen Gerichte von der Pflicht, diese Bestimmungen zu überprüfen und verpflichtet sie zur Erklärung der Unwirksamkeit jener Bestimmung, wenn ein konkreter Vertag unter Anwendung des Vertragsmusters mit dieser unzulässigen Klausel abgeschlossen worden ist.

 

Folgen des Urteils hinsichtlich der Vertragsausführung mit dem Verbraucher

 

  • Wenn der Vertrag vor Eintragung ins Register der unzulässigen Vertragsmuster ausgeführt worden ist, können die Geschäftspartner des Unternehmers (d.h. Verbraucher) Entschädigungsansprüche in Bezug auf Anwendung von Klauseln stellen, die später für unzulässig erklärt worden sind.
  • Nach der Registereintragung kann die Wiederaufnahme eines mit einem rechtskräftigen Urteil abgeschlossenen Verfahrens nicht einzig wegen der Tatsache beantragt werden, dass die Bestimmung, an die der Unternehmer sich angelehnt hat, später ins Register eingetragen worden ist.
  • Wenn der Vertrag ausgeführt wird (vor und nach der Eintragung der Klausel ins Register) hat der Verbraucher Recht auf Entschädigungsansprüche bezüglich der Anwendung von jenen Musterbestimmungen, die für unzulässig erklärt worden sind. In einem solchen Verfahren müssen die Verbraucher nachweisen, dass der getragene Schaden in Folge der Anwendung einer konkreten Klausel seitens des Unternehmers entstanden ist. Der Verbraucher muss aber nicht nachweisen, dass die durch das Verbraucherschutzgericht für unzulässig erklärte Klausel keine Rechtsfolgen hat.
  • Wenn ein Vertrag bereits nach der Eintragung ins Register der urteilsgemäß für unzulässig erklärten Klauseln abgeschlossen wird, gelten die unzulässigen Klauseln für den Verbraucher nicht, auch wenn der Unternehmer diese nicht aus dem Inhalt des Vertragsmusters streichen sollte.

Trotz des Urteils des Verbraucherschutzgerichtes ist im Falle eines Gerichtsverfahrens nicht ausgeschlossen, dass der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher Einwände erheben kann, z.B. den Einwand der Verjährung der Forderungen seitens des Verbrauchers. Allerdings kann die rechtskräftige Anerkennung bestimmter Bestimmungen des Vertragsmusters nicht als unzulässig angezweifelt werden, wenn in diesem Zusammenhang festgestellt wird, dass sie wirksam sind.

 

Małgorzata Majkowska

Rechtsanwältin

 

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