NEWSLETTER      08/2008

 

Die Insolvenz kann eine erfolgreiche Geltendmachung von streitigen Ansprüchen unmöglich machen, auch für die Arbeitnehmer

Gläubigeransprüche, darunter auch Arbeitnehmeransprüche, die aus der Insolvenzmasse befriedigt werden, können in einem Zivilprozess nicht mehr geltend gemacht werden.


Dieses Grundprinzip des Insolvenzverfahrens führt zur Einstellung des Verfahrens bezüglich der Insolvenzmasse durch das (Arbeits-)Gericht, sobald die Insolvenz einschließlich der Liquidation des Vermögens des Insolvenzschuldners bekannt gemacht wurde.


Dennoch ist nach Ende des Insolvenzverfahrens oder nach der rechtskräftigen Verweigerung der Anspruchsanerkenntnis eine Streitführung möglich. Der Gläubiger hat, innerhalb einer Frist von drei Monaten (Art. 182 [1] § 2 k.p.c. [= ZPO]), das Recht zur erneuten Klageerhebung, wobei er allerdings die finanziellen Folgen der Klageeinreichung zu tragen hat sowie auf Schwierigkeiten bei der Befriedigung der Ansprüche aus dem Vermögen des Insolventen stoßen wird.



Folgen für den Arbeitnehmer bezüglich des Tragens von Gerichtskosten



Die finanziellen Konsequenzen einer erneuten Klageerhebung stehen im Zusammenhang mit den am 2. März 2006 in Kraft getretenen neuen Gesetzen über die Änderung der Gerichtskostentarife in Zivilverfahren, u.a. in Sachen aus dem Bereich des Arbeitsrechtes. Zurzeit zahlt der Arbeitnehmer jeweils eine Pauschalgebühr i.H.v. 30.- PLN für eine Appellation, eine Beschwerde, eine Kassationsklage oder für eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer rechtskräftigen Entscheidung. Wenn jedoch der Streitwert mehr als 50.000.- PLN beträgt, entrichtet der Arbeitnehmer eine vom streitigen Betrag abhängige Gebühr i.H.v. 5% von dessen Wert für alle dem Verfahren zugehörigen Schriftsätze.

So kann ein Arbeitnehmer, der eine Klage vor dem 2. März 2006 eingereicht hat und dessen Verfahren in Folge der Bekanntmachung der Arbeitgeberinsolvenz eingestellt wurde, und dessen Ansprüche nicht im Rahmen des Insolvenzverfahrens befriedigt wurden, da sie umstritten sind, dazu gezwungen sein, erneut gerichtliche Verfahren wegen Bezahlung einzuleiten und eine zusätzliche Gerichtsgebühr zu entrichten, die je nach der Höhe des Streitwertes eine ernste finanzielle Belastung darstellen kann.


Ein schwerwiegender Nachteil von Art. 182 [1] poln. ZPO und des Gesetzes über Änderung der ZPO vom 16. November 2006 sowie einiger anderer Gesetze (poln. Amtsblatt: Dz. U. Nr. 235 Pos. 1699) ist der Mangel an Übergangsvorschriften bezüglich der oben beschriebenen Folgen. Zweifelhaft ist, ob der Arbeitnehmer bei einer wiederholten Geltendmachung der Zahlung von über 50.000 PLN den Betrag i.H.v. 5% des Streitwertes zu tragen hat oder davon befreit werden soll. Die durch den Arbeitnehmer ursprünglich eingereichten Klagen vor der Bekanntmachung der Arbeitgeberinsolvenz aus objektiven Gründen blieben unbeachtet und das Verfahren wurde in Folge dessen eingestellt, weil der Schuldner von seinem Recht Gebrauch gemacht hatte, Insolvenz zu beantragen. Warum aber ein Arbeitnehmer oder jeder andere unbefriedigte Gläubiger eine Gerichtsgebühr für den „fortgesetzten“ Streit entrichten sollte, ist nicht völlig eindeutig.

 

Folgen im Zusammenhang auf die tatsächlichen Möglichkeiten der Anspruchsbefriedigung

 

Aus den Vorschriften der Art. 35 und 229 Insolvenzrecht folgt, dass sowohl im Verfahren der Bekanntmachung der Insolvenz als auch im Hauptverfahren nach Bekanntgabe der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Vorschriften des ZPO über die Wiederaufnahme des Verfahrens keine Anwendung finden, was die Anspruchsbefriedung der Gläubiger in Frage stellt. Selbst nach einer für den Gläubiger positiven Gerichtsentscheidung und der Änderung der Höhe der Verschuldung des Insolventen wird das Insolvenzverfahren nicht wieder aufgenommen.


Ferner kann in dem Moment, in dem das Urteil rechtskräftig und dem Anspruch des Gläubigers damit stattgeben wird, das Vermögen des Insolventen nach der Liquidation der Insolvenzmasse und der endgültigen Verteilung der letzten Mittel nicht mehr vorhanden sein. Möglich ist auch, dass der insolvente Schuldner mithin seinen Rechtsbestand verliert. Daraufhin stellt das Gericht das Verfahren gegen den insolventen Arbeitgeber ein.


Unmöglich wird ebenfalls die Geltendmachung von streitigen Ansprüchen seitens der Mitglieder der Geschäftsführung einer GmbH, da ein Vollstreckungstitel gegen die Gesellschaft fehlt.


Schließlich wird der Arbeitnehmer, dessen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zur ersten Befriedigungsgruppe gehören, unabhängig von der tatsächlichen Genauigkeit und Sorgfältigkeit bezüglich seiner Interessen, negative Folgen tragen müssen, weil sein Anspruch nicht erkannt werden kann.


Angesichts all dieser Umstände kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht nur kostenintensiv sondern auch riskant sein.


Die im Obigen geschilderten Anmerkungen veranlassen auch zur Infragestellung der angeführten Vorschrift wegen des konstitutionellen Rechts auf Gerichtsverfahren (Art. 45 Abs. 1 des poln. Grundgesetzes) sowie des Prinzips der ordentlichen Gesetzgebung und in Folge der möglichen Geltendmachung der Entschädigungsansprüche für den Schaden aus der Verabschiedung eines verfassungswidrigen Gesetztes vor dem Fiskus.

 

Anna Zabielska
Rechtsreferendarin

 

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