NEWSLETTER 15/2010

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DIE INTERNATIONALE GERICHTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT ODER GERICHT WELCHES STAATES SOLL IN DER SACHE AUS DEM INTERNATIONALEN WIRTSCHAFTSVERKEHR ENTSCHEIDEN

 

Der rege internationale Wirtschaftsverkehr beinhaltet nicht nur die Chance zur Entwicklung des eigenen Unternehmens, sondern auch das Risiko fehlgeschlagener Wirtschaftsbeziehungen.

 

Der beste Ausgleich für die Folgen solcher misslungener Wirtschaftsbeziehungen ist durch Kompromisslösungen zu erzielen. Sollten diese jedoch fehlschlagen, bleibt nur der gerichtliche Weg übrig.

Der Einleitung eines Gerichtsverfahrens soll jedoch die Prüfung einer Reihe prozeduraler und material-rechtlicher Umstände vorangehen, so dass die Chance für eine schnelle und effektive Beilegung des Streites und die Wiedererlangung der verlorenen materiellen Rechte entsteht.

Wenn der Streit den internationalen Wirtschaftsverkehr betrifft - ist folglich vor allem die Untersuchung der gerichtlichen Zuständigkeit notwendig, d.h. die Festlegung des Staates, dessen Gerichte für die Rechtsprechung in der gegebenen Sache zuständig sind. Zu entscheiden ist, ob vor dem Hintergrund des Streites mit einem ausländischen Unternehmen oder Staatsbürger, die Sache vor einem polnischen Gericht verhandelt wird oder aber, ob das Gericht eines anderen Staates, und falls ja - welchen, zuständig ist.

Diese Frage wird im viertel Teil der polnischen Zivilprozessordnung (K.P.C.) - "Vorschriften aus dem Bereich der internationalen Zivilprozessordnung" - geregelt. Mit dem 01. Juli 2009 sind diesbezüglich neue Regelungen in Kraft getreten, welche die Anpassung grenzübergreifender zivilrechtlicher Prozeduren an die Anforderungen  des modernen internationalen Wirtschaftsverkehrs verfolgen.

 

Die Grundvoraussetzung bei der Entscheidung über die staatliche Zuständigkeit des Gerichtes in der gegebenen Sache ist der Sitz (der Wohn- bzw. Aufenthaltsort) des Beklagten. Die ZPO-Novelle sieht neben der angeführten Voraussetzung auch andere Kriterien zur Bestimmung der Justizzuständigkeit des gegebenen Staates im konkreten Rechtsfall (anders: Zuständigkeits- oder Anknüpfungskriterien) vor.

 

Demzufolge ist in Sachen aus Schuldverhältnissen der Ausführungsort der Verpflichtung oder der Entstehungsort der Verpflichtung.

Ein neues Zuständigkeitskriterium bei Streitfällen, welche die Tätigkeit eines Betriebes oder einer Abteilung betreffen, ist die Möglichkeit der Klage am Standort dieses Betriebes oder dieser Abteilung in der Republik Polen.

In Rechtssachen aus dem Arbeitsrecht, welche durch den Arbeitnehmer eingeleitet werden, ist der Standort, an dem die Arbeit in der Republik Polen gewöhnlich ausgeführt wurde, wird oder werden sollte ein weiteres Zuständigkeitskriterium.

Bei Gerichtssachen aus einem Versicherungsverhältnis und bei den Verbraucherrechtssachen sind weitere Zuständigkeitskriterien angefügt worden, um die Rechtsposition des schwächeren versicherten Verbrauchers sowie des Versicherten, zu stärken.

Bei der Untersuchung der gerichtlichen Zuständigkeit der Justiz für die Erkennung eines Rechtsstreites einer bestimmten Art dürfen jene Fälle, in denen den Gerichten des polnischen Staates die ausschließliche Zuständigkeit zuerkannt worden ist, nicht außer Acht gelassen werden. Dies erstreckt sich auf die in Polen gelegen Immobilien (zB. deren Eigentum, Besitz, Miete, Pacht), die Auflösung von Organen juristischer Personen und organisatorischen Einheiten betreffen, die keine juristische Personen sind, welche ihren Sitz in Polen haben, sowie Klagen auf Beschlüsse dieser Organe vor.

 

Die Änderungen vom Juli 2009 berücksichtigen auch, in Anlehnung auf die Regelungen des EU-Rechts, die Möglichkeit der Festlegung der Gerichtszuständigkeit durch die Parteien eines Rechtstreites auf so eine Weise, dass die klagende Partei ihre Klage bei einem Gericht einreicht, das für die Entscheidung in dieser Sache nicht zuständig ist, die beklagte Partei aber keinen Einwand auf Nichtzuständigkeit des Gerichtes erhebt. Auf diese Weise legen die Parteien die gerichtliche Zuständigkeit jenes Gerichtes fest, bei dem die Klage eingereicht wurde.

Der novellierte Rechtsstand lässt, ähnlich wie der bisher geltende, zu, dass die Zuständigkeit der polnischen Gerichte vertraglich festgelegt wird. Neu ist hier die Erweiterung des Umfangs jener Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Zuständigkeit vertraglich vorbestimmt werden kann, in Bezug auf alle Sachen aus Vermögensrechten.

Die Zuständigkeit des polnischen Gerichtes kann jedoch vertraglich nicht bei Sachen vorbestimmt werden, in denen die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts eines fremden Staates festgelegt wurde, ferner in Sachen aus dem Arbeitsrecht und aus einem Versicherungsverhältnis sowie in Sachen wegen Verbraucherverträge, wo der Verbraucher seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort in der Republik Polen hat.

Eine falsche Festlegung der gerichtlichen Zuständigkeit vor der Einleitung des Gerichtsverfahrens setzt den Kläger der Möglichkeit einer Klageabweisung und der Notwendigkeit einer erneuten Klageeinreichung aus. Vor allem aber zieht eine unbedachte Entscheidung einen Zeit- und Kostenverlust nach sich, was insbesondere für Unternehmer bitter sein kann.

 

Małgorzata Majkowska

Rechtsanwältin

 

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